Individuum und Masse, Ordnung und Chaos, Wachstum und Zerfall – diese Spannungsfelder durchziehen die Arbeiten von Ursula Groser. In ihren Installationen, Skulpturen und Videoarbeiten verdichtet sie soziale Dynamiken zu visuellen Metaphern für Kontrolle, Anpassung und Auflösung. Inspiriert von Elias Canettis Analyse der Masse greift sie die Prinzipien von Gleichheit, Dichte und Richtung auf und überträgt sie in ihre künstlerischen Formensprachen. Ein zentrales Motiv ihrer Werke ist das ornamentale Muster der Masse, in dem das Individuum kaum mehr als eine strukturelle Einheit ist. Ihre Videoinstallation Panopticon zeigt eine unaufhörliche Bewegung winziger Figuren – eine hypnotische Choreografie, die zwischen Ordnung und Chaos oszilliert und zugleich die Mechanismen von Überwachung und Selbstdisziplinierung spürbar macht. In der Fotoserie Autolyse nutzt sie den natürlichen Zerfall von Schopftintlingen als poetische Metapher für Vergänglichkeit und Selbstauflösung. Durch die Multiplikation alltäglicher Materialien erschafft Groser raumgreifende Installationen, die soziale Strukturen und Machtmechanismen sichtbar machen. Organische Formen und Netzwerke durchziehen ihre Arbeiten als Sinnbild für natürliche und gesellschaftliche Wachstumsprozesse. Reduktion und Verdichtung werden zu künstlerischen Strategien, mit denen sie Identität und Kollektivität, Kontrolle und Entgrenzung verhandelt. Mit einer suggestiven Kraft, die sich aus der Wahl ihrer Materialien und deren Transformation speist, schafft Groser eindringliche Bilder kollektiver Dynamiken. Ihre Werke fordern das Publikum heraus, soziale Ordnungen zu hinterfragen – und sich selbst darin zu verorten.



Strukturen – Fotografische Untersuchungen